Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie
Alle intellektuellen Wohlstandskritiker glauben zu wissen, wie Wirtschaft funktioniert. Sie glauben an ein Axiom „stetigen Wachstums“ und warnen, mahnen, demonstrieren, kontrollieren, regulieren. Denn der gesunde Menschenverstand sage doch dem Menschen, dass das Prinzip stetigen Wachstums nicht funktionieren kann, da alle Ressourcen endlich sind.
Teufelskreis aus Konsumwunsch und Zeitmangel
Der Volkswirtschaftler Niko Paech, wissenschaftlicher Beirat von Attac, passt in diesen Chor der Weltretter. Er will die Gesellschaft vom Überfluss befreien. Der Mensch befinde sich in einem „Teufelskreis aus Konsumwunsch und Zeitmangel“, meint Paech. Immer bessere Produkte bereichern das Leben und kosten immer mehr Zeit. Die Sucht nach dem Neuen sei teuer. Sie koste nicht nur Geld, sondern auch Rohstoffe. Letztlich koste sie unsere Umwelt.
Paech sucht einen Ausweg aus diesem Teufelskreis und arbeitet in seinem Buch drei Thesen ab:
1. Der Mensch lebt über seine Verhältnisse.
2. Wirtschaftliches Wachstum kann zieht unweigerlich Umweltzerstörungen nach sich.
3. Seine „Postwachstumsökonomie“ stabilisiert die Versorgung ohne zugleich Verzicht zu bedeuten.
Paechs künftige Postwachstumsökonomie sieht statt 40 nur noch 20 Wochenarbeitsstunden im „Monetären Bereich“ vor. Das ist in etwa dasselbe, was man heute unter Arbeit im Zuge globaler Arbeitsteilung und regionaler Ökonomien versteht. Und er will 20 Wochenstunden im „entkommerzialisierten Bereich“ ansiedeln. Dazu gehören für ihn soziale Tauschringe, Entschleunigung, Ehrenämter usw.
Die teuerste Ressource: Zeit
Positiv zu bemerken ist die Abrechnung Paechs mit dem Irrglauben vom grünen Wachstum. Er ersetzt dies durch ein neues Glaubensthema: Genügsamkeit sei die einfache Antwort. Die Befreiung vom Überfluss setze die teuerste Ressource frei, die der Mensch hat: Zeit.
Es ist immer wieder erstaunlich, dass diejenigen, die sich das Glück der Menschheit auf die Fahnen schreiben, den einzelnen Menschen gleichzeitig für völlig unfähig halten, sein Glück zu entscheiden und zu gestalten. Dabei ist „der Mensch an sich“ keineswegs in einem „Teufelskreis aus Konsumwunsch und Zeitmangel“ gefangen. Auch die meisten richtigen Menschen, die Professor Paech kennt, würden sich sicher weigern, einer solchen „Zielgruppe“ wissenschaftlicher Untersuchungen angehören zu sollen. Aber mit „dem Mensch an sich“ lässt sich besser rechnen. Das ist so ähnlich wie der „Eckrentner“, die Person mit einer für statistische Vergleichszwecke angenommenen modellhaften Rentenbiografie, die es in Wirklichkeit nirgendwo gibt.
Man kann sich gut fühlen
Woher der Lebensunterhalt kommen soll, den ein realer Bürger in den 20 entkommerzialisierten Wochenstunden nicht mehr verdient werden kann, bleibt nach Lektüre des Buches immer noch ein Rätsel. Aber es liest sich irgendwie schön. Man kann sich gut fühlen. Viel besser als würde man „schnödem Mammon“ nachjagen.
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Niko Paech: Befreiung vom Überfluss. Oekom 2012, 154 Seiten, 14,95 Euro.
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