Tou­chID und Fin­ger­ab­druck­sen­sor unter­lie­gen deut­schem Datenschutzrecht

Pressemeldung

Fünf Tage ist es her, dass wir unsere Kri­tik an der Tou­chID und dem Fin­ger­print­sen­sor im neuen iPhone 5S zum Aus­druck brach­ten, der Bei­trag iPhone 5S — Nach vorne den­ken? OK! -> Apple steigt zum Waf­fen­her­stel­ler auf — Das Wett­ren­nen der Her­stel­ler um die Liebe der NSA war in den letz­ten fünf Tagen der meist­ge­le­sene Bei­trag hier im Blog und trifft die Mei­nung unse­rer Leser, was mehr als 40 Social-​Media-​Empfehlungen ein­drucks­voll unterstreichen.

Mitt­ler­weile war­nen die deut­schen Daten­schutz­be­auf­trag­ten auf brei­ter Front vor die­ser inak­zep­ta­blen Tech­no­lo­gie, die erste Kri­tik kam vom Ham­bur­ger Lan­des­da­ten­schutz­be­auf­trag­ten Johan­nes Cas­per, wor­auf der Spie­gel im Bei­trag Touch ID: Daten­schüt­zer warnt vor Fin­ger­scan­ner in iPhone ges­tern hin­wies. Aber natür­lich gibt es wie immer Befür­wor­ter, die diese Tech­no­lo­gie – oft mit an Nai­vi­tät nicht zu über­bie­ten­der Ein­fäl­tig­keit – ver­tei­di­gen. Das häu­figste Argu­ment ist immer wie­der, dass Apple ja die Tech­no­lo­gie als sicher erklärt habe, keine Daten zu Apple über­tra­gen wür­den und schlu­ßend­lich nicht der Fin­ger­ab­druck über­tra­gen würde son­dern nur ein Hash des­sel­ben im siche­ren Kryp­to­ele­ment des iPhone 5S abge­spei­chert werde.

Bingo!

Und genau an die­ser Stelle wird das Thema Daten­schutz rele­vant! Udo Vet­ter hat in sei­nem bemer­kens­wer­ten Bei­trag Danke, Apple ausgeführt:

Wer so ein mög­li­ches Beweis­mit­tel selbst aus der Hand gibt, um sein Handy beque­mer akti­vie­ren zu kön­nen, kann sich spä­ter nicht auf Ver­wer­tungs­ver­bote beru­fen. Die Fin­ger­ab­drü­cke sind noch nicht mal Kom­mu­ni­ka­ti­ons­da­ten im enge­ren Sinn, für wel­che die kar­gen Reste des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­heim­nis­ses gelten.

Auch so wird die Poli­zei das Fingerabdruck-​Ident toll fin­den. Das Pass­wort zu mei­nem Handy muss ich nach gel­ten­der Rechts­lage als Beschul­dig­ter (und erst recht als Zeuge) nicht nen­nen. Dafür gibt es das Schweigerecht.

Par­al­lel dazu gilt auch das Prin­zip, dass nie­mand aktiv an Ermitt­lun­gen mit­wir­ken muss. Ich kann mich wei­gern, auf einer gera­den Linie zu gehen. Eine Schrift­probe abzu­ge­ben. Oder mit einem Arzt zu spre­chen. Ebenso wenig muss ich in ein Alko­hol­mess­ge­rät pus­ten oder auf einen Test­strei­fen pinkeln.

Aber ich bin zum Bei­spiel ver­pflich­tet, mir eine Blut­probe abneh­men zu las­sen. Mit den Fin­ger­ab­drü­cken ist es nicht anders. Auch hier­für bedarf es mei­ner akti­ven Mit­wir­kung nicht. Unab­hän­gig von juris­ti­schen Ein­zel­hei­ten ist es für die Poli­zei also ein­fa­cher, an Ort und Stelle Zugriff auf ein iPhone zu neh­men, wenn sie hier­für nur schnell den Fin­ger­ab­druck des Besit­zers braucht.

Das ist rich­tig, aber nicht zu Ende gedacht. Denn durch den Fin­ger­ab­druck­sen­sor der Tou­chID erlebt der Fin­ger­ab­druck eine Qua­li­täts­ver­än­de­rung – er wird zu einem ein­deu­ti­gen per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten­satz für den unein­ge­schränkt sämt­li­che Regeln des Daten­schut­zes gel­ten. Natür­lich greift dies nicht in den klas­si­schen Ver­wer­tungs­kreis­lauf von Fin­ger­ab­drü­cken ein, die Poli­zei kann auch in Zukunft mit Fin­ger­ab­drü­cken wie bis­her arbeiten.

Aber der Fin­ger­ab­druck auf einem iPhone 5S erlebt eine tech­no­lo­gi­sche Ver­än­de­rung. Er wird, egal wel­che Tech­no­lo­gie Apple am Ende für die Spei­che­rung und den Abgleich ein­setzt (dies ist im Detail bis­her nicht nach­voll­zieh­bar doku­men­tiert, was auch gegen diese Tech­nik spricht), zu einem per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten­satz, sogar zu einem ein­zig­ar­ti­gen per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten­satz. Und inso­fern wird sich m. E. in der Recht­spre­chung auch ein Ver­wer­tungs­ver­bot von Infor­ma­tio­nen eta­blie­ren, die durch eine zwang­weise Bedie­nung des Fin­ger­ab­druck­sen­sors – bei­spiels­weise durch die Auf­for­de­rung durch die Poli­zei – erlangt wer­den. Denn die Erlan­gung die­ser Infor­ma­tio­nen wird nur durch einen Daten­schutz­ver­stoß mög­lich, näm­lich den Abgleich mit den aus dem Fin­ger­ab­druck erlang­ten Daten­satz, für des­sen Nut­zung der Betrof­fene in vie­len Fäl­len die Zustim­mung gemäß Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz ertei­len müsste, was er bei ver­stän­di­ger Wür­di­gung der Situa­tion natür­lich nie­mals tun wird.

Dem Miss­brauch aus Sicht des Daten­schut­zes sind bei Anwen­dung die­ser Tech­no­lo­gie aber in vie­len wei­te­ren Fel­dern Tür und Tor geöff­net. So wird durch die Nut­zung der Tech­no­lo­gie eine neue Qua­li­tät von Mit­ar­bei­ter­über­wa­chung mög­lich, die in eine Total­kon­trolle mün­den kann – Betriebs­räte und Per­so­nal­räte müs­sen die von ihnen ver­tre­te­nen vor sol­chen mög­li­chen Ansin­nen schüt­zen. Denn heute kön­nen Mit­ar­bei­ter bei­spiels­weise noch jeder­zeit die Ein­rede erhe­ben, dass sie das Gerät zu Hause ver­ga­ßen, die Bedie­nung durch andere erfolgt sein muss etc. Diese Mög­lich­kei­ten zu ver­schlei­ern oder die Unwahr­heit zu sagen wer­den durch Tou­chID unmög­lich, die Über­wa­chung wird total, denn wenn bei­spiels­weise die Sper­rung des Gerä­tes alle 5 Minu­ten erzwun­gen wird ist die dann fol­gende Bedie­nung der sichere Beweis, dass der auto­ri­sierte Bedie­ner das Gerät benutzt hat.

All dies muss nicht per se nega­tiv und gegen den Mit­ar­bei­ter gerich­tet sein, es kann in Ein­zel­fäl­len ggf. auch die Sicher­heit erhö­hen. Im nega­ti­ven Fall ermög­licht es aber die Total­kon­trolle des Mit­ar­bei­ters in einem bis zum 10.09.2013 nicht vor­stell­ba­ren Aus­mass und ist vor dem Hin­ter­grund der gül­ti­gen Daten­schutz­ge­setze daten­schutz­re­le­vant und regel­mä­ßig mit­be­stim­mungs­pflich­tig. Denn eine ganz ent­schei­dende Daten­schutz– und Sicher­heits­lü­cke wird das Sys­tem dau­er­haft für den Business-​Einsatz dis­qua­li­fi­zie­ren. Dies ist die sehr ein­fa­che Frage: “Ist der Sen­sor wirk­lich deak­ti­viert, wenn der Sen­sor abge­schal­tet wird?”

Und diese Frage kann und wird ein ame­ri­ka­ni­sches Unter­neh­men wie Apple nie­mals glaub­wür­dig beant­wor­ten. Warum soll der Anwen­der denn glau­ben, dass Apple nicht von der NSA durch einen Natio­nal Secu­rity Let­ter gezwun­gen wurde genau die­ses Fea­ture ein­zu­bauen? Denn die ein­deu­tige Iden­ti­fi­zie­rung von Per­so­nen ist für die Wirt­schafts­spione der NSA das Traum­sze­na­rio. Denn wenn die NSA 10 Explo­ra­ti­ons­in­ge­nieure eines Explo­ra­ti­ons­un­ter­neh­mens im Urwald des Kongo ein­deu­tig loka­li­siert, weiss die NSA, dass man genau dort bestimmte Roh­stoffe sucht oder gefun­den haben könnte. Ein Gerät aus den USA, dass neben der Loka­li­sie­rung die ein­deu­tige Iden­ti­fi­zie­rung von Per­so­nen ermög­licht, ist de facto ein gegen den Anwen­der und sein Unter­neh­men gerich­tete Waffe.

Und genau des­halb hat das iPhone 5S nichts in Unter­neh­men zu suchen. Und bei intel­li­gen­ten Con­su­mern genauso wenig!

Bild: Fotolia

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